Wer heute nach einem passenden Studiengang sucht, sieht sich einer Flut von Angeboten gegenüber. Doch die Suche lohnt sich.

Studienreport

So viele Möglichkeiten!

Wer auf der Suche nach einem Stu­diengang ist, wird früher oder spä­ter über diese Zahl stolpern: Inzwischen gibt es in Deutschand über 20.000 Stu­diengänge. Nein, kein Druckfehler. „Ach du lieber Himmel!“, wird da so mancher stöhnen. „Wie soll ich denn da den rich­tigen für mich finden?“ Gute Frage, so richtig gute Antworten gibt es darauf allerdings kaum. Was allein die vielen Studienabbrüche zeigen. In einigen Fä­chern sind sie sogar exorbitant hoch. Jedenfalls hat man es hier mit einem Problem zu tun, dessen Lösung sich nur mit viel Überlegung und manchmal auch mit Ausprobieren finden lässt.

Etwas beruhigend könnte sein, dass mit 20.000 alle Fächer gemeint sind — von Ägyptologie bis Zahnmedizin. Dann ist es also doch nicht so schlimm, wenn man nur etwas im Bereich Wirtschaft und periphärer Fächer wie Wirtschafts­informatik, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftsmathematik, Wirtschaftsgeografie, Wirtschaftspsychologie, Wirt­schaftspädagogik oder Wirtschafts­geschichte sucht? Ja, diese Fächer gibt es auch. Und nein, ganz so schlimm ist es dann nicht mehr. Obwohl es immer noch über 3.600 Studiengänge sind, die von über 300 Hochschulen angebo­ten werden. Uff!

Die Wahl eines Studiengangs sieht also nach Schwerstarbeit aus. Obwohl es bislang nur um den Studiengang ging. Doch es kommen noch andere Fragen hinzu. Eine der ersten, die beantwortet werden müsste: Soll man überhaupt in Deutschland studieren? Eine Grundidee der Bologna-Reform war schließ­lich, dass sie das Studieren quer durch Europa erleichtern sollte, auch um den europäischen Gedanken zu fördern.

Die TH Ostwestfalen-Lippe geht mit dem originellen neuen Bachelorstudiengang „Digital Management Solutions“ ins Rennen. Bei ihm werden BWL und IT von Anfang an auf sehr praktische Art verknüpft, erläutert Prof. Josef Löffl. Präsenzunterricht findet übrigens nur freitags statt. Weiter ...

Wie wäre es also mit der Schweiz oder Österreich oder mit den Niederlanden? In allen drei Ländern findet man seit Jahren viele Studentinnen und Studen­ten aus Deutschland. Dann gibt es na­türlich noch viel andere europäische Länder, die äußerst verlockend klin­gen. Woran sich gleich die nächste Fra­ge anschließt: Soll man schon für das Bachelorstudium ins Ausland gehen oder erst später fürs Masterstudium? Falls man das überhaupt noch machen will. Was jedoch nicht gleich entschie­den werden muss. Oder vielleicht doch, weil sich Bachelor und Master ja ir­gendwie ergänzen sollten, was aller­dings nicht zwingend ist.

Womit man sich in einem Getümmel von Fragen und Möglichkeiten wieder­findet. Verständlich, dass viele die Hilfe von professionellen Studienberatern suchen. Sie helfen oft nicht erst hier, sondern unterstützen einen auch be­reits bei der grundlegenden Frage, die allem vorgelagert ist: Welche berufliche Richtung passt eigentlich zu einem, welche beruflichen Träume hat man? Filmstar oder Mutter Teresa II. — um es überspitzt zu formulieren. Konkreter: lieber Arzt als Anwalt und lieber Steuer­berater als Marketingspezialist?

Ein Thema wurde bislang auch ausge­klammert. Hat man überhaupt das not­wendige Geld, um sich ein Auslands­studium zu leisten? Oder vielleicht so­gar eine private Hochschule? Würden die Eltern etwas beisteuern? Oder sagt Papa dann ganz kühl, er habe auch nicht im Ausland studiert und aus ihm sei auch was geworden. Und es gäbe auch hervorragende staatliche Hoch­schulen, die nichts kosten. Und über­haupt finanziere er mit seinen Steu­ern ja auch das Bildungswesen in die­sem Land mit. Also sollen seine Kin­der auch was davon haben. Was will man da noch sagen? Wenn schon kein Auslandsstudium, dann kann man spä­ter vielleicht wenigstens ein Auslandspraktikum machen. Denn irgendwas mit Ausland sollte schon in den Unter­lagen stehen, wenn man sich eines Ta­ges bei einer Firma bewirbt.

Beratung kann vieles sein. Beim berufsbegleitenden Master­programm „Coaching, Organisationsberatung und Supervision“ der UNIKIMS in Kassel geht es um Beratung in der Arbeitswelt, erläu­tert die Psychologin und Studien­gangsleiterin Prof. Heidi Möller. Weiter ...

Dann gibt es die ganz Pragmatischen. Weil sie sich bei Papa und Mama super wohl fühlen, sagen sie einfach, der Stu­dienort sollte in einem Umkreis von ma­ximal 50 Kilometern von zu Hause ent­fernt liegen. Das lässt sich gut mit Bahn oder Bus erreichen. Zur Not gibt einem Mama auch mal ihr Auto. Im dichtbe­siedelten Ruhrgebiet finden sich in ei­nem solchen Radius jede Menge Unis und Fachhochschulen. Auch im Raum Frankfurt, in der Gegend von Köln und Düsseldorf und natürlich in Berlin. Dann wird einfach geschaut, was die so alles zu bieten haben. Meist findet man da auch was.

Hat man den Bachelor eines Tages in der Tasche und will noch nicht gleich ins Berufsleben einsteigen, kann man den Radius für den Master ja auf 200 Kilometer ausdehnen. Dann muss man sich zwar in der Ferne eine Studen­tenbude suchen. Am Wochenende kann man aber wieder bei Papa und Mama einlaufen und gleich die Wä­sche mitbringen und Sonntagabend wieder mit einem gut gefüllten Fress­beutel abziehen (der Schokoladen­kuchen und der Kartoffelsalat von Mama sind einfach unschlagbar).

Die FOM, die Hochschule für Berufstätige, ist an 36 Standorten präsent. Seit dem letzten Wintersemester bietet sie auch ein digitales Live-Studium. Damit kann jeder selbst entscheiden, wie er die Vorlesungen erleben möchte. „Das ist bisher einmalig in Europa“, erklärt Harald Beschorner, Kanzler der Hochschule für Oekonomie und Management. Weiter ...

Das sind so die Gedanken — natürlich gibt es noch einige mehr —, die vielen im Kopf rumgehen, wenn sie sich auf die Suche nach einem Studiengang und einem Studienort machen. Es zeigt, dass Studieren heute ein gro­ßes Unterfangen ist, das viel intensi­ves Überlegen und Abwägen erfor­dert. Auch weil man sich bei den vie­len speziellen Studiengängen, die es schon im Bachelorstudium gibt, schnell mal auf die falsche Schiene setzen kann.

Früher — daran erinnern einen die El­tern und auch die Großeltern immer gern — war das irgendwie alles viel einfacher. Man studierte beispiels­weise BWL und durchlief das Grund- und Hauptstudium. Im Grundstudium lernte man die Basics, im Hauptstu­dium wählte man zwei Vertiefungs­fächer, etwa Bankbetriebslehre oder Logistik. Zack war man Diplom-Kauf­mann und konnte — unabhängig vom Spezialfach — mehr oder weniger überall arbeiten. Denn von einem deut­schen Betriebswirt erwartete man, dass er sich schnell in jedes kaufmän­nische Thema einarbeiten konnte, was in der Regel auch der Fall war. Nach dem Ruf der Uni fragte übrigens niemand, weil es damals in Deutsch­land noch keine Rankings gab.

Wirtschaftsingenieure sind in nahezu allen Teilen der Wirtschaft höchst beliebt. Wer dieses Studium wählt, dürfte also sein Leben lang keine Berufssorgen haben. Das sieht auch Prof. Sascha Dawo von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin so. Die HTW bietet dazu ein Bachelor- und Masterstudium. Weiter ...

Wer auf die Suche nach einem geeig­neten Studiengang geht, sollte eine Grundregel beachten. Wer sicher ist, dass er es nur beim Bachelorstudium belassen will und auch schon klare Vorstellungen hat, in welcher Branche oder Funktion er einmal arbeiten will, kann sich schon früh spezialisieren und den Bachelorstudiengang unter diesem Gesichtspunkt aussuchen. Ist also Finance ein und alles für einen, vielleicht weil man sich durch eine vor­angegangene Banklehre bereits darauf eingependelt hat, kann man ohne wei­teres einen Bachelorstudiengang Fi­nanzen wählen. Selbst wenn man spä­ter noch einen Master draufpacken möche, etwa weil man der Meinung ist, nur so später richtig Karriere machen zu können, findet man sicher noch eine Finance-Spezialisierung oder -Vertie­fung, bei der man noch etwas dazu­lernt. Das gilt auch, wenn man sicher ist, später einmal Steuerberater werden zu wollen. Dann ist eine frühe Spezialisie­rung auf Steuern oder Accounting eine gute Sache.

Ist man hingegen gar nicht sicher, wo­hin die spätere berufliche Reise eines Tages gehen soll, sollte man unbedingt ein generalistisches Bachelorstudium in BWL wählen. Es entspricht ungefähr dem Grundstudium der alten Diplom­studiengänge. Man lernt die Kernfä­cher der BWL und erhält eine solide Grundausbildung. Meist entdeckt man dabei seine Vorlieben, auch durch die Praktika die man in der Zeit absolviert, sei es Rechnungswesen, Personalwe­sen, Marketing oder was auch immer. Im Masterstudium kann man dann sei­ner Vorliebe folgen und sein Wissen auf diesem Gebiet ausbauen. Man kann auch nach dem Bachelor direkt ins Be­rufsleben eintreten und später noch ein berufsbegleitendes Studium belegen. Dabei können dann die bereits gemach­ten Erfahrungen im Beruf einfließen. Entscheidend ist, dass man sich so al­le Optionen offenhält und nicht zu früh einem Spezialistentum verfällt, das ei­nem später nicht mehr gefällt.

Irgendwas mit Medien, ist ein oft geäußerter Berufswunsch. Wie wäre es, gleich Medien- und Wirtschaftspsychologie zu studieren, um die Sache konkreter zu machen? Auch weil damit sehr gute Berufschancen verbunden sind, meint Prof. Ronald Freytag von der HMKW, der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin, Köln und Frankfurt. Weiter ...

Berufsbegleitende Studiengänge, die es früher in dieser Form und Vielfalt nicht gab, sind überhaupt eine feine Sache. Sie liegen ganz auf der Linie des lebenlangen Lernens, ohne das es heute nicht mehr geht. Einfach deshalb, weil sich in der Wirtschaft so viel so schnell ändert. Das Wissen von heute kann morgen schon zur Hälfte obsolet sein. Die berufsbegleitenden Studiengänge sind in der Regel eine Mischung aus Präsenz- und Online-Studium, oft gibt es auch schriftliches Lernmaterial. Die Präsenzphasen fin­den meist am Wochenende statt, bei denen man auch seine Kommilitonen persönlich kennenlernt. Parallel zum Beruf studieren erfordert allerdings einiges an Selbstdisziplin und Durch­haltevermögen. Auch ist es gut, nicht zu spät im Berufsleben damit zu be­ginnen, da es dann meist schwerer fällt, sich wieder in den Studier-Mo­dus zu versetzen, den man meist noch draufhat, wenn das Bachelorstudium nicht allzu weit zurückliegt.

Bei der Suche nach einem geeigneten Studiengang hilft natürlich das Inter­net, wo man auch Plattformen findet, die viele Studiengänge auflisten. Man­che sind ganz übersichtlich gemacht, manche eher verwirrend. Es emp­fiehlt sich, auch auf den Websites der Hochschulen zu surfen. Auch hier gilt: Einige sind sehr übersichtlich und man wird gut geführt, andere eher weniger. Fast alle Hochschulen bie­ten auch Beratungen zu ihren Studien­gängen an, die man bei Bedarf auf je­den Fall in Anspruch nehmen sollte. Gelegentlich stehen sogar die Studi­engangsleiter selbst, also die Dozen­ten, zu beratenden Gesprächen zur Verfügung.

Max Malva Kissel ist in Spanien und Deutschland groß geworden und hat in Berlin, London und Paris Wirtschaft studiert. Derzeit macht der 20-Jährige seinen Master am College of Europe in Brügge, einer der malerischsten Städte Belgiens. Man hat die Wahl zwischen fünf Masterabschlüssen, die einen auf eine internationale Karriere vorbereiten. Weiter ...

Und man sollte sich auch die Hoch­schulen selbst ansehen. Schließlich wird man dort viele Stunden verbrin­gen, vorausgesetzt, es kommt nicht irgendwann wieder zu einem Pande­mieausbruch, der alle zurück aufs hei­mische Sofa zwingt. In den USA ist es üblich, dass Eltern nach der High School mit ihren Kindern drei, vier oder fünf Colleges besuchen, um sich persönlich ein Bild von den Örtlichkei­ten zu machen, die der Nachwuchs in den nächsten vier Jahren aufsucht. (In den USA dauert das Bachelorstudium acht Semester.)

Es kann geschehen, das man beim Surfen auf den Websites der Hoch­schulen die eine oder andere Perle entdeckt, also einen Studiengang, der einen unmittelbar anspricht, entweder weil er ungewöhnlich ist oder eine Sai­te in einem zum Schwingen bringt.

Ein Beispiel: Die Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen gehört in der Wirtschaft inzwischen zum Alltag. Wegen der Komplexheit des Themas, das die Zusammenarbeit vieler Exper­ten erfordert, wird sie oft die Königsdis­ziplin der Beratung genannt. Allerdings gibt es kaum Studiengänge dazu. Einen zum Restrukturierungs- und Sanierungsmanagement bietet die SRH Hochschule in Heidelberg an.

Gerade jetzt drängt sich der Eindruck auf, dass die Welt voller Risiken ist. Wie man sie er­kennt und mit ihnen im wirtschaft­lichen Kontext umgeht, lernt man im Masterstudiengang Risikoma­nagement der Hochschule Mag­deburg-Stendal, erläutert Studien­gangsleiter Dr. Jürgen Bennies. Weiter ...

Interessant klingt auch der VWL-Studi­engang „Demokratie und Wirtschaft“, den die Universität Erfurt im Programm hat. Angesichts des großen wirtschaft­lichen Erfolgs der Volksrepublik China, die alles andere als ein demokratisches Land ist, werden hier sicher Aspekte beleuchtet, die man bei anderen VWL-Studiengängen nicht unbedingt findet.

Der Bachelorstudiengang „Politik, Wirt­schaft und Gesellschaft“ der Universi­tät Bochum verbindet Soziologie, Poli­tikwissenschaft und Ökonomie, was in dieser Kombination einzigartig in der deutschen Hochschullandschaft ist. Da­bei geht es beispielsweise auch um die Globalisierung und internationale Be­ziehungen. Damit kann man später un­ter anderem in internationalen Organi­sationen arbeiten.

Ungewöhnlich auch der Studiengang Visual and Media Anthropology der Hochschule für Medien, Kommunikati­on und Wirtschaft. Dabei geht es unter anderem um kulturelle Aspekte der Di­gitalisierung. Er richtet sich an künftige Führungskräfte in den Branchen rund um digitale Medien, Kunst und Kultur, Unterhaltungsindustrie, Regierung und NGOs. Ein Beispiel dafür, wie mit spe­ziellen Studiengängen auf besondere Bedürfnisse in ausgewählten Bran­chen eingegangen werden kann.

Oder wie wäre es mit einem Master in Business Administration in Digital Media Law and Management, den die Filmuniversität Babelsberg anbietet?

Projekt hört sich erst mal recht einfach an. Doch wer schon an einem richtigen teilgenommen hat, weiß, was da alles schiefgehen kann. Damit das nicht geschieht, sollte man den Masterstudiengang Projektmanagement an der Hoch­schule Merseburg belegen, meint Prof. Justus Engelfried. Weiter ...

Was die Informationstechnologie an­belangt, gibt es heute viele Studien­gänge, die der rasenden Ausbreitung der Digitalisierung in allen Bereichen gerecht zu werden versuchen. Auch hier empfiehlt es sich, sich ein solides Grundlagenwissen durch ein Bache­lorstudium zuzulegen, etwa in Wirt­schaftsinformatik. Später kann man es durch ein spezielles Masterstu­dium ergänzen, etwa durch den Mas­ter in IT Management der FOM oder der TH Köln. Die TH Ingolstadt hält sogar einen MBA in IT Management bereit.

Oder wie wär’s mit dem Master Busi­ness Intelligence and Data Science der ISM? Eine Besonderheit bietet die HTW Saar mit ihrem Informatik-Studi­um auf Deutsch und Französisch, das in Saarbrücken und im französischen Metz stattfindet. Perfekt für alle, die in dieser Region in dieser Branche ar­beiten wollen.

Vor drei Jahren eröffnete die re­nommierte britische Lancas­ter University eine Zweigstelle in Leipzig. Nicolas Blank studiert dort Business Management. Wie er sagt, war es genau die richtige Wahl für ihn. Nicht zuletzt begeistert ihn die große Internationalität an die­ser Hochschule. Weiter ...

An der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin kann man einen Master in „Chinese-European Econo­mics and Business Studies“ erwer­ben. Ein Thema, das bisher bereits wichtig war und durch die aktuelle po­litische Entwicklung immer brisanter wird. Warum sich also nicht zum Chi­na-Experten entwickeln?

Vielversprechend klingt auch der Mas­terstudiengang „Politische Integrati­on und wirtschaftliche Globalisie­rung“ der Uni Marburg. Auch dies ein heißes Thema, sieht es doch im Mo­ment weltweit eher nach Desintegrati­on und Deglobalisierung aus, womit die Uhr um Jahrzehnte zurückgedreht werden würde. Gut wenn es Experten gibt, die wissen, wie sich das viel­leicht verhindern ließe.

Diese wenigen Schnappschüsse sol­len zeigen, was heute alles auf einen wartet, wenn man studieren will. Das Angebot ist geradezu überwältigend und steckt zudem voller Überraschun­gen. Hier nichts zu finden, das einen interessieren könnte, dürfte geradezu unmöglich sein.

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