Studienreport Kulturmanagement
Schon immer gab es Künstler, die auch begnadete Verkäufer waren. Albrecht Dürer etwa war ein Meister der Selbstvermarktung und gilt als Erfinder des Copyright. Sein Malerkollege Rembrandt nahm es mit dem Urheberrecht dagegen nicht so genau. Dafür war die von ihm geleitete Werkstatt ungemein produktiv. Noch heute streiten die Experten, welche Werke von ihm stammen und welche von seinen zahlreichen Mitarbeitern und Schülern. Picasso schließlich trieb die Selbstinszenierung auf die Spitze. Der spanische Malerfürst und Tausendsassa gilt heute vielen als Inbegriff des kunstschaffenden Marketinggenies.
Kunst und Kommerz schließen sich also keineswegs aus — im Gegenteil. Ohne Kommerz keine Kunst. Dass ein heute gefeierter Künstler wie Vincent van Gogh zu Lebzeiten keinen Fuß auf den Boden bekam — der Maler der „Sonnenblumen“ soll nur ein einziges Bild verkauft haben —, gehört zu den tragischen Seiten des Kunst- und Kulturbetriebs, ist aber die Ausnahme. Moderne Künstler wie Georg Baselitz, Markus Lüpertz und Neo Rauch, um bei der Malerei zu bleiben, sind geschickte Anwälte in eigener Sache. Dabei spielen das Internet und die sozialen Medien eine zunehmend wichtige Rolle.
Auch für die Wirtschaft zahlt sich kulturelles Engagement aus: Banken schmücken sich mit zeitgenössischer Kunst, um Kunstsinn und soziale Verantwortung zu demonstrieren. Industrielle betätigen sich als Mäzene, um der Nachwelt in positiver Erinnerung zu bleiben. Städte organisieren Ausstellungen und Musik-, Film- und Theaterfestivals, um Touristen anzulocken. Und Unternehmen sponsorn kulturelle Events, um auf sich und ihre Produkte aufmerksam zu machen.
Das hat dazu geführt, dass es die Kultur- und Kreativbranche in puncto wirtschaftliche Bedeutung locker mit der Industrie aufnehmen kann. 2015 setzte sie allein in Deutschland über 150 Mrd. Euro um. Das ist mehr als die Baubranche oder die Mineralölindustrie. Zudem ist sie in den letzten Jahren — sowohl was den Umsatz als auch die Zahl der Unternehmen und Beschäftigten betrifft — ständig gewachsen. 2015 gab es laut Bundeswirtschaftsministerium mehr als 250.000 Unternehmen mit über 1,6 Millionen Beschäftigten. Die allermeisten sind Kleinstunternehmen mit weniger als zwei Mio. Euro Umsatz pro Jahr. In kaum einer anderen Branche ist der Anteil der Selbständigen bzw. Freiberufler so hoch.
Meist wird die Kultur- und Kreativbranche in elf Zweige unterteilt. Der jüngste, die Software- und Games-Industrie, ist mit einem Jahresumsatz von 34 Mrd. Euro auch der kommerziell erfolgreichste. Es folgen Presse (31 Mrd.) und Werbung (26 Mrd.). Verglichen damit sind die Umsätze, die am Kunstmarkt erzielt werden, mit zwei Mrd. Euro recht bescheiden.
Doch gleichgültig ob städtisches Theater oder alternatives Kulturzentrum, ob Galerie, Museum oder private Kunstsammlung: Sie alle sind auf Experten angewiesen, die sich in der Welt der Kunst genauso gut auskennen wie in der Welt der Kaufleute. Die rechnen und organisieren können, ohne den sensiblen Künstlern, mit denen sie tagtäglich zu tun haben, den Freiraum zu nehmen, den sie für ihre kreativen Höhenflüge benötigen.
In der Praxis ist Kulturmanagement fast immer eine Gratwanderung zwischen dem Anspruch, dem Publikum etwas Besonderes zu bieten, und der Notwendigkeit eines effizienten Kostenmana-gements. Denn obwohl die öffentlichen und privaten Ausgaben für Kultur seit Jahren steigen — 2013 gaben Bund, Länder und Gemeinden fast zehn Mrd. Euro dafür aus, 23 Prozent mehr als 2005 —, sind die meisten Kultureinrichtungen knapp bei Kasse. Das hängt nicht zuletzt mit dem großen kulturellen Angebot zusammen, das es in Deutschland gibt: Die Konkurrenz um die Gunst und Aufmerksamkeit des Publikums ist groß.
Eine wichtige Aufgabe von Kulturmanagern ist es deshalb, Sponsoren zu gewinnen, die mit ihrem Geld eine Ausstellung oder ein Projekt oft erst ermöglichen. Das setzt natürlich voraus, dass man in der Wirtschaft gut vernetzt ist und sich nicht zu fein ist, laut auf der Werbetrommel zu schlagen. Kulturmanager sind deshalb fast immer auch geschickte PR- und Marketing-Strategen. Es dürfte nur wenige Berufe geben, die so viele verschiedene Talente erfordern. Oft arbeiten sie für öffentliche Einrichtungen und Kulturämter. Aber auch private Stiftungen und internationale Organisationen kommen als Arbeitgeber in Frage. Und natürlich die Medien- und Unterhaltungsbranche mit ihren vielfältigen kulturellen Angeboten.
Um das Kulturmanagement auf eine professionelle Grundlage zu stellen, führten bereits in den siebziger Jahren die ersten Hochschulen entsprechende Lehrveranstaltungen durch. Den Anfang im deutschsprachigen Raum machte die Universität für Musik und darstellende Kunst (MdW) in Wien, wo 1975 das Institut für kulturelles Management, künstlerische Betriebsführung und Öffentlichkeitsarbeit gegründet wurde. Die dortige Ausbildung — ein zweijähriges postgraduales Aufbaustudium, das mit dem Master of Advanced Studies (MAS) abgeschlossen wird — gilt bis heute als eine der besten auf dem Gebiet des Kulturmanagements.
Inzwischen bieten allein in Deutschland rund 20 Hochschulen Kulturmanagement als eigenständiges Studienfach an. Nimmt man verwandte Fächer wie Event- und Tourismusmanagement hinzu, vervielfacht sich das Angebot. Neben staatlichen Hochschulen wie der Universität Düsseldorf, der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) oder der Hochschule Bremen haben auch einige Privathochschulen Kulturmanagement im Programm. Dazu kommen Kunst- und Musikhochschulen wie die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar und die Hochschule für Musik und Theater in München. Auch die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg bildet künftige Kulturmanager aus — und das schon seit 1989. Das viersemestrige Aufbaustudium Kulturwissenschaft und Kulturmanagement schließt mit dem Master of Arts ab. Die Studenten lernen nicht nur alles über Kulturtheorie, Kulturfinanzierung und Kulturmarketing, sondern auch wie man seinen eigenen Kulturbetrieb gründet.
Die meisten Studienangebote sind Master-Programme, die sich an Interessenten wenden, die schon ein Studium absolviert haben und nun — etwa weil sie sich beruflich verändern wollen — ihre Kenntnisse auf dem Gebiet des Kulturmanagements vertiefen möchten. Eine Ausnahme ist der Bachelor-Studiengang Kunst- und Kulturmanagement der privaten Karlshochschule in Karlsruhe. Die dreijährige Ausbildung belässt es nicht bei der Theorie, sondern vermittelt eingehende Praxiskenntnisse. Ganz billig ist sie allerdings nicht. Insgesamt werden rund 25.000 Euro an Gebühren fällig.
Im ersten Studienjahr lernen die Studenten der Karlshochschule alles über Kulturmanagement. Auf dem Lehrplan stehen Veranstaltungen wie „Märkte, Kultur und Kommunikation“, Business Environment, strategisches Management, quantitative Managementmethoden oder empirische Sozialforschung. Im zweiten Jahr wird das theoretische Wissen dann angewendet — in Unternehmensprojekten, bei denen man seine Fähigkeiten als künftiger Kulturmanager unter Beweis stellen kann. Das letzte Studienjahr ist schließlich einem Praxis- und Auslandssemester und der Anfertigung der Bachelor-Arbeit vorbehalten.
Eine weitere Möglichkeit, Kulturmanagement ohne vorherigen Studienabschluss zu studieren, ist der Bachelor-Studiengang Kultur & Management der Hochschule Zittau/Görlitz. Neben dem wunderschönen Studienort Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze spricht auch die internationale Ausrichtung für das Studium in der Oberlausitz. Denn das dritte Semester ihrer sechssemestrigen Ausbildung verbringen die Studenten im Ausland.
Wer Kulturmanagement bequem von zu Hause studieren will, kann dies an der Europäischen Fernhochschule tun. Die Hamburger Hochschule hat einen Bachelor-Studiengang betriebswirtschaftliches Bildungs- und Kulturmanagement im Angebot. Er ist auf drei oder vier Jahre angelegt. Die Prüfungen können an den bundesweit zehn Prüfungszentren der Euro-FH abgelegt werden. Der Vorteil eines solchen Fernstudiums ist, dass es jederzeit aufgenommen werden kann.
Viele dürfte auch das Angebot der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität interessieren, die einen Master-Studiengang Kunstvermittlung und Kulturmanagement im Programm hat. Das Studium dauert zwei Jahre und bereitet auf eine Führungsposition im Kunst- und Kulturbereich oder eine wissenschaftliche Laufbahn vor. Neben den Grundlagen der BWL, des Personalmanagements, Kulturmarketings und Kunstrechts werden auch Kenntnisse in Kunstgeschichte, Curating, Kunstvermittlung, Ausstellungsmanagement und Kunsthandel vermittelt.
Schließlich sei noch der Master of Arts in Kulturmanagement und Kulturtourismus genannt, den man an der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) erwerben kann. Das zweijährige Studium richtet sich an einschlägig interessierte Absolventen, Praktiker und Cultural Entrepreneurs. Der Studienstoff wird in Blockveranstaltungen vermittelt, womit man auch berufsbegleitend studieren kann. Nach dem dritten Semester absolvieren die Studenten eine dreimonatige Praxisphase in einer Kultureinrichtung, bevor sie ihre Master-Arbeit in Angriff nehmen.
Die meisten Kulturmanagement-Studiengänge legen großen Wert auf Praxisnähe. Oft werden die Inhalte per Fallstudie vermittelt und die Studenten lernen durch Exkursionen in die Praxis, wie man kulturelle Events auf die Beine stellt. Dass man es dabei fast immer mit interessanten Leuten zu tun hat, macht für viele den besonderen Reiz dieses Studiums aus.
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